Kooperation mit dem Wettbewerber: das Leuchtturmprojekt d-force
Jens mittnacht,
Geschäftsführer, SevenOne Media
Wie lässt sich Reichweite noch besser monetarisieren? Dieser Frage widmet sich Dr. Jens Mittnacht, Geschäftsführer der SevenOne Media, jeden Tag. Mit dem Leuchtturmprojekt d-force, einem Joint Venture von ProSiebenSat.1 und der Mediengruppe RTL, ist sein Team 2019 einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Wie es zur Kooperation mit dem direkten Wettbewerber kam, erklärt Jens im Interview.
Was verbirgt sich hinter d-force konkret?
d-force ist ein Joint Venture von ProSiebenSat.1 und der Mediengruppe RTL im Bereich AdTech. Im Zentrum steht die Technologie „Active Agent“ – eine vollautomatisierte Plattform, die es Unternehmen erlaubt, erstmals Werbung aus den Bereichen Addressable TV und Online-Video über eine Schnittstelle bei beiden Medienhäusern zu buchen. Kurz: Wir machen das Leben unserer Kunden leichter! Eine derart umfassende Kooperation gab es im deutschen Werbemarkt bis dato noch nie, selbst europaweit ist sie einzigartig.
Wie kam es zu dieser Partnerschaft der zwei führenden TV-Häuser in Deutschland?
Der konkrete Anstoß kam aus dem Markt. Wir bekamen immer öfter von den Werbekunden zu hören: „Wir möchten eine gemeinsame Buchungsplattform.“ Da RTL bislang genauso intensiv wie wir das Thema Werbetechnologien vorangetrieben hat und wir in komplementäre Unternehmen investiert hatten, waren die Synergien offensichtlich. Also haben wir die Gespräche aufgenommen. Beiden Seiten war klar, dass wir zwar bei Inhalten, Quoten, um Werbeinventare und deren Vermarktung konkurrieren, nicht aber bei der Technologie. Im Juni 2019 war es dann soweit: Wir haben d-force gegründet, im August gab es grünes Licht vom Kartellamt und im September haben wir die ersten Kampagnen gestartet. Das war schon ein besonderer Moment!
Wie wird das Angebot im Werbemarkt angenommen?
Wir bekommen von den Kunden seit Beginn viel Positives zurückgespielt, gerade was das umfassende Angebot und die einfache Buchung betrifft – mit nur wenigen Klicks ist die individuell passende Werbung bestellt. Aber das ist erst der Anfang: 2020 starten wir mit der programmatischen Aussteuerung der Addressable TV Spots und der Integration der „Cross Device Bridge“. Das bedeutet, dass wir verschiedene Geräte im Haushalt – also TV, Smartphone und Tablet – verknüpfen und eine Kampagne darüber zielgruppengenau ausspielen können. Insgesamt ist die Resonanz aber nicht nur auf Kundenseite enorm, auch ausländische Broadcaster und Vermarkter zeigen großes Interesse.
Inwiefern? Wollt Ihr auch ausländische Partner in die Buchungsplattform integrieren?
Im Februar 2020 haben wir unsere Buchungsplattform bereits nach Österreich gebracht und die Werbeinventare unserer Tochter ProSiebenSat.1 PULS 4 sowie dem österreichischen Vermarkter von RTL integriert. Außerdem sind wir mit Medienunternehmen aus der Schweiz in Kontakt. Unser Ziel ist es, auf der Plattform ein größtmögliches Werbeportfolio anzubieten. Was Länder außerhalb des deutschen Sprachraums betrifft: Hier wollen wir unser Angebot vielmehr als eigenständige Tech-Lösung in der jeweiligen Landessprache etablieren. Diese Aufgabe treibt jetzt auch das neue Geschäftsführer-Team von d-force voran, das am 1. Januar gestartet ist.
Was verspricht sich ProSiebenSat.1 langfristig von d-force?
Wir stellen damit klar unsere Innovationsführerschaft im Bereich Werbetechnologie unter Beweis – schließlich ist die technologische Basis „Active Agent“ Teil unserer AdTech-Tochter Virtual Minds. Wir wollen mit d-force aber auch das Wachstum unseres Addressable TV-Geschäfts beschleunigen, denn genau dieser Bereich bietet enormes Potenzial für die Monetarisierung unserer Reichweiten – und ist unsere absolute Kernkompetenz!
Eine derart umfassende Kooperation wie d-force gab es im deutschen Werbemarkt bis dato noch nie, selbst europaweit ist sie einzigartig. Seit 1. Januar 2020 treiben Ralf Hammerath, Alen Nazarian und Jens Pöppelmann (v.l.n.r.) in der Geschäftsführung das Leuchtturmprojekt nun voran.
Eine derart umfassende Kooperation wie d-force gab es im deutschen Werbemarkt bis dato noch nie, selbst europaweit ist sie einzigartig. Seit 1. Januar 2020 treiben Ralf Hammerath, Alen Nazarian und Jens Pöppelmann (v.l.n.r.) in der Geschäftsführung das Leuchtturmprojekt nun voran.
Zusammen mit ihrem Team hat Stefanie Fröhner, SVP Business Intelligence Entertainment, die neue interne Messgröße Total Video Viewtime (TVV) entwickelt. Der Vorteil? Die TVV beschreibt anschaulich in Minuten, wie lange Nutzer insgesamt und plattformübergreifend unsere Entertainment-Angebote konsumieren. TV- und Streamingdaten werden dadurch 1:1 vergleichbar. Die Messgröße ist direkt verbunden mit der gelernten Zahlenwelt, da TVV bekannte, werberelevante Währungen wie Video Views und Sehbeteiligung in Minuten umrechnet. Denn was zählt, ist, dass unser Content Menschen erreicht – egal auf welcher Plattform.
Mit der Total Video Viewtime machen wir den Zahlendschungel transparent und Reichweite plattformübergreifend vergleichbar: Wir zählen, wie lange unser Content gesehen wird – und zwar linear und digital.
Stefanie Fröhner
SVP, Business Intelligence Entertainment
Mit dem Addressable TV Spot zu neuen Werbekunden
Thomas Wagner, Vorsitzender der Geschäftsführung, SevenOne Media
Samstag, 20:15 Uhr: „Das Duell um die Welt“ steht kurz bevor, es ist Joko und Klaas-Abend. Miriam, 27 Jahre, sitzt auf dem Sofa vor ihrem Smart TV. Gleich geht’s los! Bevor die Show beginnt, wird ein Werbespot eingeblendet. Es geht um die neue Kosmetik-Kollektion von MAC Cosmetics. Zur exakt selben Zeit wartet Peter ebenfalls auf den Start von „Das Duell um die Welt“. Im Gegensatz zu Miriam sieht der 53-Jährige den TV-Spot eines Elektromarkts, der eine neue Smartphone-Generation bewirbt.
Zwei verschiedene Werbespots für zwei unterschiedliche Zuschauerzielgruppen, zu sehen zur gleichen Zeit auf einem Sender. Möglich macht das der neue Addressable TV Spot, den die Seven-One Media, Vermarktungstochter des ProSiebenSat.1-Konzerns, im August 2019 nach einer etwa einjährigen Betaphase auf den Markt gebracht hat.
„Dahinter steckt eine einzigartige Technologie, die wir selbst entwickelt und europaweit zum Patent angemeldet haben“, verrät Thomas Wagner, Vorsitzender der Geschäftsführung der SevenOne Media. „Werbekunden können bereits im Vorfeld Zuschauerkriterien wie Alter, Geschlecht, Interessen oder Nettoeinkommen definieren und die Inhalte ihres Werbespots passgenau auf diese Zielgruppe ausrichten. Der Addressable TV Spot überblendet dann den klassischen Werbespot und wird nur an den vorab festgelegten Zuschauerkreis ausgespielt.“ Überblendet werden ausschließlich Eigen-Werbungen aus dem ProSiebenSat.1-Haus. Zuschauer außerhalb des vorab definierten Kreises sehen also diesen Werbespot. Voraussetzung ist außerdem ein internetfähiges TV-Gerät. Das Angebot ist bei ProSiebenSat.1 für alle Sender und in allen Zeitschienen verfügbar, ob zum Frühstücksfernsehen oder zur Prime Time.
„Addressable TV ist eines der bedeutendsten Wachstumsfelder in der Vermarktung“, erklärt Wagner das Potenzial des neuen Angebots. „Wir kombinieren das Beste aus der digitalen und der linearen Welt: die Präzision in der Auslieferung mit der Reichweitenstärke des TV.“ Die Vorteile liegen auf der Hand: „Dank der gezielten Aussteuerung ermöglichen unsere adressierbaren TV-Spots ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit beim Fernsehpublikum und ergänzen zielgenau unsere linearen Reichweiten. Interessant ist vor allem, dass wir hiermit jetzt auch Kunden erreichen, für die TV-Werbung bislang noch nicht in Frage kam. Somit können wir einen ganz neuen Teil des Werbemarkts adressieren.“
Die Kunden reagieren positiv, so Wagner: „Allein 2019 haben wir über 100 Kampagnen umgesetzt, für Kunden wie Nestlé, Opel oder Vodafone. Und das Marktpotenzial für die kommenden Jahre ist enorm.“ Bis 2022 wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen der Markt für Addressable TV und Online-Video voraussichtlich im einstelligen Milliardenbereich liegen. Aktuell sind bereits rund 18 Mio internetfähige TV-Geräte im deutschsprachigen Raum für individualisierte Werbung mit Targeting-Möglichkeiten erreichbar. 36 Prozent des deutschen Fernsehpublikums lassen sich schon heute über Smart-TV-Geräte erreichen.
Über 100 Addressable TV Spots hat die SevenOne Media im Jahr 2019 verkauft. Dahinter steckt viel Marktrecherche, Kundentermine und Teamarbeit.
Über 100 Addressable TV Spots hat die SevenOne Media im Jahr 2019 verkauft. Dahinter steckt viel Marktrecherche, Kundentermine und Teamarbeit.